Zielbild

Insgesamt erbringen in Nordrhein-Westfalen 344 Krankenhäuser Leistungen an 4,6 Millionen stationären und 5 Millionen ambulanten Patienten. Den direkten Einfluss der Digitalisierung zu bemessen, erscheint schwierig. Gleichwohl ist evident, dass digital unterstützte Kommunikation eine Durchgängigkeit sowohl im Krankenhaus wie auch zu extern unterstützenden Strukturen schafft.

Um in Nordrhein-Westfalen von solchen Effekten profitieren zu können, ist es die Zielsetzung der KGNW in Kooperation mit dem Fraunhofer ISST sowie den Krankenhäusern in NRW, ein gemeinsames Zielbild für das digitale Krankenhaus zu schaffen.

Sich als Krankenhaus auf den Weg hin zum digitalen Krankenhaus machen zu können, bedeutet, neue Kompetenzen aufzubauen. Die primäre Aufgabe besteht auch weiterhin in der Versorgung von Patienten. Digitale Lösungen unterstützen jedoch bei der Steigerung der Qualität, Effizienz sowie Effektivität im Sinne der Patienten, Mitarbeiter und des Unternehmens.

Aus Sicht der KGNW sowie des Fraunhofer ISST impliziert dies neue Fähigkeiten und Fertigkeiten, die das Krankenhaus der Zukunft mit sich bringen muss: Strategieorientierung, Patientenorientierung, Mitarbeiter- und Prozessorientierung in Kombination mit Digitalisierung als Werkzeugkasten, um diese Werte operativ zu stützen.

Strategieorientierung

 Das Aufstellen einer Digitalstrategie bedarf einer gemeinschaftlichen Betrachtung der Geschäftsführung, ärztlichen Direktion, Pflegedirektion, IT & Technik, Controlling und weiterer Fachbereiche. Digitalisierung ist aufgrund der Innovationsdichte ein kontinuierlicher, stark projektgetriebener Prozess. Das digitale Krankenhaus:

  • formuliert eine individuelle Digitalstrategie und trifft Entscheidungen im Einklang mit dieser Strategie.
  • nutzt Ansätze der digitalen Reifegradbestimmung, um sich in Bezug auf Digitalisierung innerhalb eines Vergleichssystems zu verorten und den Fortschritt zu messen.
  • stellt Projektroadmaps auf, steuert und bewertet die Projektdurchführung.
  • erkennt Chancen der Digitalisierung für Pflege, Medizin, Personalwesen, Technik, Medizinprodukte, Einkauf, Controlling, IT und bezieht die Mitarbeiter systematisch in die Umsetzung ein.
  • versteht Zukunftstechnologien und kann Chancen und Risiken selbstbestimmt bewerten.
  • kennt internationale Standards zur Sicherstellung der Interoperabilität wie IHE und HL7.
  • ist in der Lage, Technik & IT ganzheitlich zu denken, das notwendige Zusammenspiel zu verstehen und integrierte Lösungen zu schaffen.
  • verfolgt den Ansatz einer digitalen Plattformstrategie über monolithische Systemstrukturen hinaus.
  • erkennt Chancen von KI und Big Data für Medizin, Pflege und Administration.

Patientenorientierung

Digitalisierung kann zu einer erhöhten Patientensicherheit, z. B. durch durchgängige Informationsflüsse, führen. Gleichzeitig sieht der Patient aus seinem privaten Umfeld immer mehr Informations-, Zugriffs- und Beteiligungsmöglichkeiten, um selbstbestimmt Einfluss auf seinen Behandlungsprozess zu nehmen. Das Krankenhaus ist gefordert, den Patienten weiterhin als Mensch und mündigen Mitgestalter seiner eigenen Therapie zu verstehen. Das digitale Krankenhaus:

  • gestaltet den digitalen Wandel gemeinsam mit den Patienten (Partizipation).
  • berücksichtigt, dass nicht alle Patienten gleichermaßen digitale Angebote wahrnehmen werden bzw. können (Patientensouveränität).
  • erkennt die Bedürfnisse der Patienten und greift Erwartungen der Patienten in Bezug auf digitale Angebote auf.
  • stellt dem Patienten digitale Dienste zur Verfügung, um ihn aktiv am Versorgungsprozesses zu beteiligen und ihm Transparenz über die eigenen Daten zu ermöglichen.
  • fördert durch digitale Angebote die Gesundheitskompetenz des Einzelnen.

Mitarbeiterorientierung

Digitalisierung kann die Mensch-zu-Mensch-Interaktion fördern, z. B. durch Entlastung, einfachere Dokumentation und durchgängigere Informationsflüsse. Das Krankenhaus als Arbeitgeber ist gefordert, Mitarbeiter in den Veränderungsprozess mit einzubeziehen. Das digitale Krankenhaus:

  • vereinfacht Dokumentation und entlastet Personal in dieser Hinsicht, um Raum für die Mensch-Mensch-Interaktion zu schaffen.
  • besitzt Konzepte zur kontinuierlichen Weiterbildung von Mitarbeitern in Bezug auf Digitalisierung.
  • hat ein Konzept, um Berührungs- und Verlustängsten in Bezug auf Digitalisierung beim Personal zu begegnen.
  • gestaltet den digitalen Wandel gemeinsam mit Mitarbeitern.
  • erkennt Auswirkungen, Chancen & Risiken der Digitalisierung und formt ein menschliches Mitarbeiter-Patienten-Verhältnis.
  • weiß um die Rolle von Annehmbarkeit, intuitiven Systemlösungen und positiver Nutzererfahrung als Fallstrick oder Multiplikator bei der Einführung von Softwaresystemen.

Prozessorientierung

Digitalisierung erlaubt einen durchgängigen Informationsfluss – jedoch nur dann, wenn Prozesse kooperativ, transparent und durchgängig etabliert sind. Ein bereits bestehender, schlechter analoger Prozess wird als Ergebnis immer auch einen schlechten digitalen Prozess hervorbringen. Das digitale Krankenhaus:

  • kennt die internen Abläufe, kann diese bewerten und an sich verändernde Rahmenbedingungen anpassen (Change-Management).
  • denkt Prozesse innerhalb des Hauses ganzheitlich und durchgängig über Schnittstellen, Organisationseinheiten und Berufsgruppen hinweg.
  • unterstützt den Versorgungsprozess über die Organisationsgrenze hinweg und überwindet Schnittstellen in einer ganzheitlichen Leistungskette (intersektorale Kommunikation).
  • erkennt Auswirkungen der Digitalisierung auf den operativen Betrieb, bewertet die Relevanz für die eigene Digitalstrategie und hat ein Konzept zur Umsetzung in der breiten Anwendung.
  • identifiziert entlang von Prozessen benötigte Ressourcen bzw. Fähigkeiten und erkennt Grenzen der Leistungsfähigkeit im eigenen Hause (Notwendigkeit für externe Kompetenz).
  • schafft ein gemeinsames und vertrauensvolles Werteverständnis für die mit Prozessdigitalisierung einhergehende steigende Transparenz.